Kokosjoghurt an der Ostsee
- Jen Hartmann
- 17. Mai 2020
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 25. Nov. 2020
Du schmeckst die einzelnen Kokosraspeln im Mund. Der samtige, schwere Joghurt ist durchzogen von den kleinen Verheißungen der Karibik. Es schmeckt nach Urlaub und Exotik. Nach Südsee und türkisblauem Meer. Du sitzt mit dem Kokosjoghurt in einem Strandkorb auf Fehmarn. Das türkisblau lässt den Grautönen hier den Vorrang. Trotzdem verstärkt der süße Joghurt dein Urlaubsgefühl, wenn die kühle Masse deinen Hals hinuntergleitet. Der schneeweiße Traum wird von der Verkäuferin in einem Plastikbecher gereicht. Dazu bekommst du einen weißen Plastiklöffel. Der durchsichtige Becher gibt den Blick auf die Kokosstückchen frei. Du rührst als erstes um. Du musst das tun. Das Umrühren als einleitendes Ritual für alles was folgt. Der Plastiklöffel ist an den Kanten immer etwas zu scharf, sodass man ihn vorsichtig durch den Mund gleiten lassen muss. Nie bei den ersten Bissen. Doch kurz bevor du die Hälfte der Südseeromantik verschlungen hast, fallen dir die leicht schmerzenden Mundwinkel auf, an denen der Löffel vorbeistreift. Das ist es wert und so freust du dich, noch mehr als die Hälfte der dickcremigen Kokosmasse vor dir zu haben. Es schmeckt nach Sommer. Mit jedem Löffel speicherst du den Duft nach Kokos, um ihn an kalten Wintertagen wieder in Erinnerung rufen zu können. Eine karibische Umarmung die dich in Mitten der grauen Silhouette Berlins warmhält - für den einen Augenblick. Du speicherst den Geschmack und Duft des Joghurts, wissend, dass der Sommer und die Tage am Meer enden. Aber nicht heute. Du kratzt den Boden des durchsichtigen Bechers mit den letzten Kokosraspeln und der Joghurtcreme aus. Der leergelöffelte Boden gibt den Blick auf den hellen Sand unter dir frei. Du freust dich jetzt schon auf morgen, wenn dir die Verkäuferin einen weiteren Becher cremiger Süße entgegenstreckt. Du lächelst. Das wird gut.
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